Neues Sanktionsrecht für Unternehmen

Um Unternehmenskriminalität effektiver bekämpfen zu können, wurde der Bundesregierung der Gesetzesentwurf „zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“ erstmalig am 16.  Juni 2020 vorgelegt. Nach Billigung des Deutschen Bundesrats und der umfassend Überarbeitung des Entwurfs, wurde dieser am 21. Oktober 2020 von der Bundesregierung in den Bundestag eingebracht. Damit hat die finale Phase des Gesetzgebungsverfahrens begonnen.

Inhalt des Gesetzesentwurfes ist unter anderem die Neuerung, dass bei Straftaten, die Zugunsten eines Unternehmens begangen wurden, nicht mehr nur die handelnde natürliche Person, sondern auch das dahinterstehende Unternehmen belangt wird.

Geldbußen gegen juristische Personen sind im deutschen Recht keine Neuheit, sie wurden erstmalig in 1949 verankert. Allerdings sind Sanktionen gegen Gesetzesverstöße von Unternehmen bisher nur rudimentär geregelt.

So konnten bislang, aus einem Verband heraus begangene Straftaten, lediglich mit einer Geldbuße nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) geahndet werden. Nach dem OWiG liegt die Verfolgung des Verbandes bei Straftaten allein im Ermessen der Verfolgungsbehörde.

Die Praxis zeigt, dass es oftmals nicht zur Einleitung eines Verfahrens kommt.

Daher soll der Gesetzesentwurf „zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“ des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) nun die Sanktionierung von Unternehmen modernisieren und für eine verantwortungsvolle Unternehmensführung sorgen.

 

Verbandssanktionengesetz

Kernstück des Regierungsentwurfs ist das Gesetz zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten“ („Verbandssanktionengesetz“ – VerSanG).

Unter einem Verband versteht sich hierbei

eine juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts,

nicht rechtsfähige Vereine und

rechtsfähige Personengesellschaften, wenn deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist.

Das VerSanG kommt zur Anwendung im Falle einer von einem Verband begangenen Straftat. Diese kann entweder eine Verletzung der Pflichten des Verbandes oder eine unrechtmäßige Bereicherung -darstellen (Verbandstaten).

Dem Verband werden Handlungen zugeordnet, die von einer Leitungsperson oder einer in Wahrnehmung von Angelegenheiten des Verbands tätigen Person (z.B. einem Angestellten) begangen wurden. Letzteres gilt allerdings nur, sofern eine Leitungsperson die Begehung der Tat durch angemessene Vorkehrungen, wie z.B. der Aufsicht, hätte verhindern oder wesentlich erschweren können.

Im Gegensatz zum OWiG, findet im VerSanG das Legalitätsprinzip Anwendung, d.h. die Staatsanwaltschaften müssen künftig bei Vorliegen eines Verdachts ein Ermittlungsverfahren gegen jede oben beschriebene Gesellschaftsform einleiten.

 

Neuer Sanktionsrahmen

Bei vorsätzlichen Verbandstaten beträgt der Sanktionsrahmen zwischen 1.000€ und 10 Mio. €. Bei fahrlässigen Straftaten ist dieser auf 500€ bis 5 Mio. € begrenzt.

Für große Konzerne mit einem (Konzern-)Jahresumsatz von mehr als 100 Mio. € sind Sanktionen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes vorgesehen.

Zusätzlich kann bei einer großen Zahl von Geschädigten eine Verurteilung des Verbandes öffentlich bekannt gemacht werden.

Anstelle der Geldstrafe kann das Gericht auch eine Verwarnung aussprechen und die Verhängung der Geldsanktion vorbehalten.

 

Was Sie wissen sollten

Compliance-Management-Systeme

Bei Verbandstaten kann ein hinreichendes Compliance-Management-System (CMS) sanktionsmildernd gewertet werden. Grund dafür ist die Ernsthaftigkeit des Bemühens, Verbandstaten zu vermeiden. Sogar ein erst nach der Begehung der Verbandstat eingeführtes oder verbessertes CMS kann als sanktionsmildernd berücksichtigt werden.

Ein fehlendes oder unzureichendes CMS kann hingegen sanktionsverschärfend wirken.

Die Empfehlung ist daher, dass auch kleine und mittelständische Unternehmen ein gutes Compliance-Management-Systeme aufbauen sollten.

Da damit eine sehr hohe finanzielle Belastung einhergeht, lautet der Vorschlag aus der Praxis bis zur Verabschiedung des Gesetzes, Ausnahmebestimmungen für den Mittelstand zu erlassen.

Kooperation

Wenn der Verband mit der Verfolgungsbehörde kooperiert, kann die Höchstgrenze der Sanktion auf die Hälfte gemindert werden. Außerdem kann die öffentliche Bekanntmachung der Verurteilung entfallen.

Zur Kooperation muss der Verband wesentlich dazu beitragen, die Verbandstat aufzuklären. Dafür muss er ununterbrochen und uneingeschränkt mit den Verfolgungsbehörden zusammenarbeiten, eine interne Untersuchung durchführen und die Ergebnisse daraus der Behörde zur Verfügung stellen.

Maßgebend sind dabei die Art und der Umfang der offenbarten Tatsachen, deren Bedeutung für die Aufklärung der Tat, der Zeitpunkt der Offenbarung und das Ausmaß der Unterstützung.

Neben der Verbandstat muss der Verband zusätzlich die Verbandsverantwortlichkeit aufklären. Folglich muss geklärt werden, ob die Leitungsebene des Unternehmens ihre Organisations-, Kontroll- und Überwachungspflichten verletzt hat bzw. ob Compliance-Versäumnisse vorlagen.

Verhältnis zu Kartellverfahren

Wenn neben einer Verbandstat auch eine Kartellzuwiderhandlung stattfand und die Kartellbehörde beabsichtigt, eine Kartellbuße gegen den Verband zu verhängen, muss das Verbandssanktionenverfahren eingestellt werden.

 

Kontaktieren Sie uns bei Fragen gerne über unser Kontaktformular oder melden Sie sich direkt telefonisch bei uns unter 0611 – 99 94 00.