Kennzahlen im Unternehmensbereich Forschung und Entwicklung

Der Wertbeitrag des Unternehmensbereichs Forschung & Entwicklung (F&E) ist teilweise unterbewertet, da die Entwicklung neuer Produkte kostenintensiv ist und die Umsätze zeitverzögert realisiert werden. Kurzfristig betrachtet wirken sich fehlende oder geringe Forschungs- und Entwicklungskosten gewinnerhöhend aus. Dabei bleibt die Innovationskraft von Unternehmen als wichtiger Wettbewerbsfaktor unbeachtet. Denn diese erhöht die Wahrscheinlichkeit auf ein langfristiges Bestehen des Unternehmens. Die F&E-Kennzahlen sind für KMU ebenso wichtig wie für größere Unternehmen. Eine separate F&E-Abteilung ist demnach keine Voraussetzung für eine Analyse der Kennzahlen. In den Bereich F&E fallen auch Innovationen und Neuentwicklungen des Unternehmens, sodass wir in dem folgenden Artikel Innovationen und Neuentwicklungen meinen, wenn wir von F&E sprechen.

Kennzahlen für F&E sind nicht zwingend an den Unternehmensbereich gebunden, da Innovationen in jedem Bereich des Unternehmens entstehen. Bei der Erhebung der Kennzahlen geht es um die Messung der F&E-Kosten sowie den daraus resultierenden Umsätzen und um die Innovationskraft des Unternehmens. Dabei sind Innovationen nicht nur auf Produkte und Dienstleistungen beschränkt, sondern umfassen ebenso Prozesse. Darüber hinaus dient die Nutzung von Kennzahlen der Schaffung von Anreizen zum Ausprobieren neuer Herangehensweisen. Es sollte der Anspruch bestehen, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess anzustoßen.

 

Die Frühindikatoren des Unternehmensbereichs Forschung und Entwicklung:

  • Anzahl der Innovationen bzw. Verbesserungsvorschläge pro Woche/Monat/Quartal/Jahr:
    Eine Innovation ist als die Einführung von Neuerungen definiert. Auf Basis von Innovationen und Verbesserungsvorschläge ist die Einführung eines betrieblichen Vorschlagswesens (BVW) zu realisieren. Das Unternehmen sollte innerhalb des BVW Anreize schaffen. Neben den vorgeschlagenen Innovationen wirkt sich dies ebenso positive auf das Betriebsklima aus, wenn diese auch entsprechende Beachtung und Wertschätzung finden. In dem BVW, ist festzulegen, welche Bedingungen gelten und welche zusätzliche Zahlung der Initiator erhält.
  • Produktentwicklungszyklus bzw. Time-to-Market (Messung der Dauer):
    Der Produktentwicklungszyklus beschreibt die Dauer des Gesamtprozesses von der Produktidee bis zur Markteinführung. Bei der Produktentwicklung ist es wichtig, schneller als die Wettbewerber zu sein, um Wachstumsbereiche der Branche oder neue Märkte zu erschließen. Die Messung der Dauer eines F&E-Projektes beginnt nach dem Eingang des Verbesserungsvorschlags, sodass die Messdauer möglichst den gesamten Prozess abbildet. Somit fließen die Prüfung des Vorschlags und die administrativen Prozesse in die Betrachtung ein. Nach der Genehmigung des Projektes folgt die Umsetzung und abschließend die Einführung der Innovation im Unternehmen oder auf dem Markt. Damit ist die Dauer der Produktentwicklung im engeren Sinne abgeschlossen. Im weiteren Sinne umfasst die Produktentwicklung zusätzlich den Entstehungsprozess der Idee sowie weitere Anpassungen des Produktes nach der Markteinführung. Um den Produktentwicklungszyklus zu verkürzen, ist das Verfahren des Simultaneous Engineering zielführend. Simultaneous Engineering bezeichnet ein Verfahren, bei dem die Entwicklungsschritte möglichst parallel bearbeitet werden und die Abstimmungen durch Rückkopplungsschleifen erfolgen. Durch die parallele Bearbeitung werden Fehler in der Entwicklung früher erkannt und ausgebessert. Dies resultiert in einer Zeitersparnis gegenüber dem klassischen sukzessiven Ablauf.
  • Anteil umgesetzter F&E-Projekte (Anzahl genehmigter F&E-Projekte/Anzahl der Innovationsvorschläge (in %)):
    Der Anteil umgesetzter F&E-Projekte setzt den Anteil genehmigter Projekte mit der Gesamtzahl der Innovationsvorschläge ins Verhältnis. Diese Kennzahl prüft die Qualität der Innovationsvorschläge. Eine hohe Vorschlagsanzahl führt nicht zwangsläufig zu vielen Innovationen und Optimierungen. Um die Qualität der Vorschläge zu erhöhen, sollte intern ein regelmäßiger Austausch stattfinden, bei dem Ideen diskutiert und ggf. überarbeitet werden, bevor der formale Vorschlag in das betriebliche Vorschlagswesen eingeht. Durch die erhöhte Qualität der Innovationsvorschläge wird die Dauer der Produktentwicklung zusätzlich verkürzt.
  • Anteil am Markt eingeführter F&E-Projekte (Anzahl am Markt eingeführter Produkte / Anzahl genehmigter F&E-Projekte (in %)):
    Der Anteil der am Markt eingeführten F&E-Projekte dient der Evaluation des Erfolgs der Produktentwicklungsprozesse. Dazu wird die Anzahl der am Markt eingeführten Produkte durch die Anzahl der genehmigten F&E-Projekte dividiert. Eine hohe Quote ist vorteilhaft, jedoch sind bei der Betrachtung sowohl die Kosten als auch der wirtschaftliche Erfolg der Produkte nach der Markteinführung zu berücksichtigen. Falls vor der Entwicklung der Innovation im Rahmen der Marktforschung auffällt, dass die Fortführung des Projektes nicht rentabel ist, ist die Einstellung des Projektes wirtschaftlich sinnvoll.
  • Innovationsrate (Umsatz aufgrund eigenentwickelter Neuprodukte * 100 / Gesamtumsatz derselben Periode):
    Aussagekraft hinsichtlich des Umsatzanteils von eigenen Produkt-Neuentwicklungen (z.B. der letzten drei Jahre).

 

Die Spätindikatoren des Unternehmensbereichs Forschung und Entwicklung:

  • Aufwand für Neuentwicklungen in % der Betriebsleistung (F&E Aufwand * 100 / Betriebsleistung):
    Aussagekraft bezüglich Forschungstätigkeit, Vergleich im Zeitablauf und insbesondere mit Konkurrenten sinnvoll. Je nach Branche ein wichtiger Indikator.
  • F&E-Wachstumsquote (Umsatzwachstum / F&E-Kosten (in %)):
    Die F&E-Wachstumsquote stellt das Verhältnis von Umsatzwachstum zu F&E-Kosten dar. Durch die Kennzahl wird bestimmt, wie sich die F&E-Kosten im Umsatzwachstum niederschlägt. Dabei ist zu beachten, dass die F&E-Kosten zeitverzögert zu höherem Umsatz führen, da die Markteinführung der entwickelten Produkte den Kosten oft nicht periodengerecht folgt. Dies ist darin begründet, dass die Kosten für die Produktentwicklung vor der Markteinführung anfallen. Im Jahr 2019 haben deutsche Unternehmen Ausgaben in Rekordhöhe für die unternehmensinterne Forschung und Entwicklung getätigt. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Aufwendungen um 4,8 Prozent auf rund 76 Mrd. EUR gestiegen.[1]
  • Umsatzanteil neuer Produkte (Umsatz neuer Produkte / Umsatz (in %)):
    Der Umsatzanteil neuer Produkte beschreibt den prozentualen Anteil neuer Produkte am Gesamtumsatz des Unternehmens. Als neue Produkte werden typischerweise Produkte betrachtet, die maximal drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Erhebung auf dem Markt eingeführt wurden.[2] Dabei ist es hilfreich, den Produktlebenszyklus der eigenen Produkte im Blick zu behalten, umkommende Entwicklungen zu antizipieren. Diese Kennzahl ist im Zeitverlauf zu betrachten und durch einen Branchenvergleich zu ergänzen.Der Umsatzanteil mit neuen Produkten unterliegt starken Branchenschwankungen.
    Im Jahr 2019 lag der Umsatzanteil mit neuen Produkten am Gesamtumsatz in Deutschland in der Automobilbranche bei 47,9 Prozent, während im Großhandel nur 5,1 Prozent des Gesamtumsatzes mit neuen Produkten erwirtschaftet wurden.[3]
  • F&E-Effektivitätsindex: ((Umsatz Neuprodukte / Umsatz * ((Gewinn + F&E-Aufwand) / Umsatz)) / (F&E-Aufwand / Umsatz)):
    Der F&E-Effektivitätsindex dient der Beurteilung von durchgeführten F&E-Projekte. Mithilfe gängiger Kennzahlen aus der Erfolgsrechnung wird bestimmt, ob die Investition in Forschung und Entwicklung vorteilhaft war. Ein Resultat über 1 ist erstrebenswert, da dies aussagt, dass der Gewinn der Neuprodukte höher war als die Investitionen für die Forschung und Entwicklung im laufenden Geschäftsjahr. Wichtige Einflussfaktoren, die bei der Definition eines Zielwerts zu beachten sind, stellen die strategische Ausrichtung des Unternehmens und die Entwicklung der Kennzahl im Zeitverlauf dar. Im Rahmen einer Wachstumsstrategie ist der Zielwert höher anzusetzen, wobei die Wachstumsraten der vergangenen Perioden als Richtwert angesehen werden sollten.

 

[1] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/02/PD21_079_217.html

[1] https://docplayer.org/1978045-Kennzahlen-im-f-e-und-innovations-controlling.html

[3] Vgl. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/207868/umfrage/unternehmen-mit-einfuehrung-von-marktneuheiten

 

Bei Fragen kontaktieren Sie uns gerne über unser Kontaktformular oder melden Sie sich direkt telefonisch bei uns unter 0611 – 999 40-0.