Unternehmensnachfolge als Auslöser für Krisen: Lösungsansätze und Empfehlungen für die Nachfolgeproblematik in KMU bei latenten und akuten Krisen

Eine unzureichende Planung der Nachfolge kann beträchtliche Konsequenzen mit sich bringen und eine Unternehmenskrise hervorrufen. Dies betrifft insbesondere familiengeführte KMU. Laut einer externen Studie besteht eine feste Nachfolgeregelung jedoch lediglich bei 37 Prozent der befragten Unternehmen.[1]

In einem Beitrag der Zeitschrift Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung (KSI) werden Lösungsansätze zur Bewältigung dieser Problematik dargelegt, wobei die Ansätze in die verschiedenen Phasen des Krisenprozesses unterteilt sind.

Was in der jeweiligen Phase zu beachten ist und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, hat die PERICON für Sie zusammengefasst.

 

Potenzielle Krise

In der Frühphase des Krisenprozesses können bereits proaktiv Präventionsvorkehrungen getroffen werden, die das tatsächliche Eintreten einer Krise verhindern. In dieser Phase handeln jedoch die wenigsten Unternehmen, wodurch sie mit der Nachfolgeregelung erst in einer latenten Krise konfrontiert werden.

 

Latente Krise

 Findet der Betroffene sich in einer latenten Krise wieder, sind Handlungsmöglichkeiten und Optionen verglichen mit einer potenziellen Krise stark limitiert. Es folgen Handlungszwänge und Zeitdruck, welche unerwünschte Lösungen als Konsequenz mit sich bringen. Auch wenn es sich bei der Nachfolgeregelung um ein oftmals emotional negativ behaftetes Thema handelt, sollte im Rahmen einer erfolgreichen Risikoantizipation eine langfristige Planung erfolgen.

 

Personelle Lösungsansätze:

Ein Rückzug der Übergebenden aus der Führungsrolle muss gezielt vorbereitet werden. Potenzielle Nachfolger werden durch führungsorientierte Weiterbildungen sowie einer unternehmensinternen Eingliederung in die Führungsebene für die anstehende Nachfolge qualifiziert. Potenzielle Nachfolger werden in diesem Prozess auf ihre Eignung geprüft. Der Praxistest ermöglicht es ihnen zu beurteilen, ob sie die Nachfolge tatsächlich antreten möchten. Ungeeignete Bewerber sind in dieser Phase zu identifizieren.

 

Materielle Lösungsansätze:

In Krisenzeiten ist es essenziell, die Kernfunktionen des Unternehmens aufrecht zu erhalten. Hierfür eignet sich ein Kontinuitätsmanagement. Dieses identifiziert leistungskritische Prozesse und schützt diese durch geeignetes Handeln. Mittels Analyse betrieblicher Prozesse wird ein Verständnis geschaffen, auf dessen Basis das Management Maßnahmen zur Aufrechterhaltung ableiten kann.

 

Unternehmensverkauf in einer latenten Krise:

Vor der eigentlichen Übergabe des Unternehmens befindet sich das Unternehmen meist schon mehrere Jahre in einer latenten Krise. Deshalb ist ein Zeitraum von etwa drei bis fünf Jahren im Rahmen der Due Diligence bei einer Unternehmenstransaktion gründlich zu prüfen. Es ist erfolgsentscheidend, dass bereits zu Beginn dieses Zeitraums, die Bilanzpolitik des Unternehmens auf das strategische Ziel der Kaufpreisoptimierung ausgerichtet wird. Hierfür müssen für die geprüften Jahre stabile und konstante Umsatzsteigerungen ausweisen. Analog dazu muss sich auch der EBIT entwickeln, andernfalls leiten potenzielle Käufer hieraus einen künftigen Profitabilitätsverlust ab. Ein weiteres entscheidendes Merkmal ist das Investitionsverhalten. Anstehende Investitionen werden in den Jahren vor dem Verkauf realisiert, um zum einen von deren Ertrag zu profitieren und zum anderen keine massive Reduzierung vom Kaufpreis durch die Nichterfüllung zu riskieren.

 

Steuerliche Komponenten

Handelt es sich nicht um eine Veräußerung, sondern um eine Schenkung, wie es bspw. bei einer familieninternen Nachfolge der Fall sein kann, ist das Hauptziel die Steuerbelastung zu minimieren. Die Nutzung steuerlicher Gestaltungsoptionen ist unabdingbar. Durch langjährige Fristen im deutschen Steuerrecht beginnt der Eintritt in die latente Phase weit vor der eigentlichen Schenkung. Die Änderung der Rechtsform unterliegt bspw. einer siebenjährigen Sperrfrist. Die Regelungen zur Erbschafts- und Schenkungssteuer sind hier maßgeblich. Für eine optimale Abwicklung sind genügend Zeit und Budget zu berücksichtigen.

 

Akute, beherrschbare Krise

Bei einer akuten Krise verringern sich die Handlungsoptionen deutlich, Übergebende finden sich in einer reaktiven, an Stelle einer aktiven Position wieder. Mögliche Auslöser können bspw. gesundheitliche Probleme innerhalb der obersten Führungsebene oder eine plötzliche Verschlechterung der betrieblichen Situation sein.

Ohne vorbereitende Maßnahmen entfällt dann häufig die Möglichkeit einer internen Nachfolge, wodurch ein Verkauf an externe Beteiligte unabdingbar wird. In diesem Fall bedarf es einer spezialisierten Beratung durch Dritte, da in der Regel im Unternehmen nicht die nötige Erfahrung im M&A Bereich vorliegt, um das Vorhaben eigenständig zu realisieren. Im nächsten Schritt wird eine Verkaufsstrategie mit Verkaufsunterlagen und Käuferprofil entwickelt, um potenzielle Kaufinteressenten zu kontaktieren. Der weitere Verlauf steht in diesem Schritt maßgeblich unter dem Einfluss der Interessenten. Während der Verkäufer bei einer sich verschlechternden Unternehmenssituation an einer möglichst schnellen Übergabe interessiert ist, fehlt es diesem an Verhandlungsmacht.

 

Ein phasenunabhängiger Erfolgsfaktor einer Unternehmensnachfolge ist die Kommunikation. Hierbei ist es besonders wichtig Transparenz gegenüber der eigenen Belegschaft, sowie Kunden, Lieferanten und anderen Stakeholdern zu wahren, um Unsicherheiten und damit verbunden Konsequenzen, wie Kündigung oder Panik zu vermeiden.

 

Akute, nicht beherrschbare Krise

Die letzte Phase des Krisenprozesses bedeutet für das Unternehmen das Ende in seiner bisherigen Form. Anstelle einer Liquidation kann ein Unternehmen jedoch auch in dieser Phase ganz oder teilweise erhalten bleiben. Diese Form der Krise entwickelt sich meist aus den vorangegangenen Prozessstufen, kann aber bei mangelhafter Absicherung auch plötzlich eintreten.

 

StaRUG und Insolvenz als Möglichkeit der Unternehmensfortführung:

Bedingt durch Änderungen im Insolvenzrecht, ist eine Insolvenz grundsätzlich nicht mehr zwangsläufig mit dem Ende des Unternehmens gleichzusetzen. Einerseits ist im Rahmen der Insolvenzsanierung auch nach einer Insolvenz eine Sanierung möglich und andererseits erhalten bestandsfähige Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten durch das Gesetz bezüglich des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG) eine zweite Chance. Diese EU-Richtline sichert KMU zusätzlich einen erleichterten Zugang zu den Möglichkeiten einer präventiven Restrukturierung.

 

Vorläufige Geschäftsführung durch Chief Restructuring Officer (CRO):

Eine mögliche Ursache für eine akute, nicht beherrschbare Krise ist eine Erkrankung des Übergebenden. Wurde die Vertretung im Vorfeld nicht geregelt, ist das Unternehmen in der Konsequenz vorübergehend führungslos und damit unmittelbar der Gefahr einer Insolvenz ausgesetzt. Zur Vermeidung der daraus resultierenden negativen Folgen für das Unternehmen und alle Stakeholder, kann die Geschäftsführung vorübergehend durch einen CRO übernommen werden. Dieser gewährleistet die Handlungsfähigkeit des Unternehmens und verschafft Zeit für weitere Maßnahmen.

 

Distressed M&A zum Erhalt des Unternehmens:

Ein Verkauf aus einer Notsituation hinaus und unter Handlungszwang führt zu Verkaufspreisen, die weit unter dem üblichen Marktwert liegen. Diese Option geht zwar mit großen wirtschaftlichen Verlusten einher, ermöglicht jedoch zumindest den Erhalt des Unternehmens und der Arbeitsplätze.

 

Fazit:

 Eine Unternehmensnachfolge ist ein äußerst komplexer, langwieriger und strategischer Prozess, welcher in seinem Aufwand und seinem Wirkungspotenzial häufig unterschätzt wird.

Insbesondere bei familiengeführten KMU wird die Nachfolgeregelung im Zuge unzureichender Planung zum Krisenherd.

 

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[1] Vgl. IfD Allensbach: Verantwortungseigentum, 2021, S.25 ff.